Harnblasenkrebs
Zertifiziertes Harnblasenkrebszentrum
Seit November 2021 ist die Klinik für Urologie auch zertifiziertes Harnblasenkrebszentrum. Damit wird Ihnen Behandlungsqualität auf höchstem Niveau geboten. Im Rahmen des Uroonkologischen Zentrums erstellt ein Netzwerk aus ärztlichen- und nichtärztlichen Behandler*innen individuelle Konzepte für den einzelnen Patienten*innen, um die bestmögliche Therapie zu ermöglichen.
Das Harnblasenkrebszentrum gewährleistet mit seinen Strukturen eine zeitnahe und adäquate interdisziplinäre Therapie.
Häufigkeit: Etwa 3% aller bösartigen Tumoren sind Harnblasenkarzinome. Männer sind etwa 3 mal häufiger betroffen als Frauen. Der Harnblasenkrebs stellt bei der männlichen Bevölkerung nach Lungen-, Dickdarm-, und Prostatakrebs den vierthäufigsten bösartigen Tumor dar. In Deutschland treten pro Jahr etwa 18 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner auf, das bedeutet das jährlich ca. 16.000 Patienten neu an einer bösartigen Erkrankung der Harnblase erkranken.
Der Altersgipfel der Erkrankten liegt zwischen dem 60. und 80. Lebensjahr, 5% der Patienten sind bei Diagnosestellung jünger als 45 Jahre.
In der Regel geht das Harnblasenkarzinom von der Schleimhaut der Harnblase (= Urothel) aus. Die Zellen des Urothels kleiden die Innenwand der Harnblase aus und bilden die oberste Schicht der Blasenwand. In seltenen Fällen geht der bösartige Blasentumor von veränderten Zellen der Schleimhaut aus (Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome).
Ursachen
Die häufigste Ursache für das Entstehen eines Harnblasentumors stellt das Zigarettenrauchen dar. Man nimmt an, dass der Tumor bei etwa 50% der Männer und 30% der Frauen durch das Zigarettenrauchen verursacht wird. Als weitere wichtige Ursache sind chemische Stoffe zu nennen, die in unterschiedlichen Arbeitsfeldern (Textil-, Leder-, Gummi-, Farbindustrie) Anwendung finden. Es sind derzeit etwa 50 verschiedene Substanzen bekannt, die mit der Entstehung von Blasentumoren in Zusammenhang gebracht werden können. Der Blasenkrebs kann in Verbindung mit diesen Stoffen eine anerkannte Berufskrankheit darstellen.
Auch chronische Entzündungen der Blase können die Entstehung von bösartigen Blasentumoren verursachen. Hiervon sind insbesondere Patienten betroffen, die aufgrund einer Blasenentleerungsstörung, einer dauerhaften Versorgung mit Kathetern oder durch Harnblasensteine eine chronische Entzündung der Harnblase aufweisen.
Als ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehung eines Harnblasenkarzinoms von Menschen aus tropischen Ländern muss die Bilharziose (Schistosomiasis) genannt werden. Schistosomen sind Einzeller, die in Wasserschnecken leben. Beim Aufenthalt in entsprechenden Gewässern können die Einzellerlarven über die Haut in den Menschen eindringen. Weltweit leiden schätzungsweise über 300 Millionen Menschen an der Bilharziose und ihren teilweise erheblichen Spätkomplikationen. In Deutschland zählt diese Ursache zu den sehr seltenen Ereignissen.
Bestimmte Medikamente, die Anwendung in der Krebstherapie finden, wie z.B. Cyclophosphamid oder auch eine Strahlentherapie des kleinen Beckens z.B. bei gynäkologischen Tumoren, Prostatakrebs oder auch bei Enddarmkrebs können im Langzeitverlauf die Ursache für die Entstehung eines Blasentumors viele Jahre nach der ursprünglichen Behandlung sein.
Symptome
Typisches Symptom bei den meisten Patienten mit einem Blasentumor ist eine Blutbeimengung im Urin, wobei hier die Mikrohämaturie (rote Blutkörperchen im Urin nur unter dem Mikroskop zu erkennen) und die Makrohämaturie = mit dem bloßen Auge sichtbare Beimengung von Blut im Urin zu unterscheiden sind. Auch andere Erkrankungen des Harntraktes können eine Blutbeimengung des Urins verursachen, eine Blutung aus dem Harntrakt bedarf jedoch grundsätzlich der Abklärung, um das Vorliegen eines Blasentumors ausschliessen zu können.
Weitere wichtige Symptome (ca. 30% der Patienten) sind der häufige Harndrang, gefolgt von Wasserlassen mit kleinen Urinportionen und das schmerzhafte Wasserlassen. Alle diese Symptome sind uncharakteristisch und können vielfache Ursachen haben. Treten sie aber auf, muß man ihnen weiter nachgehen und muß weitergehende Untersuchungen durchführen.
Diagnostik
Die wichtigste Untersuchung bei Verdacht auf einen Harnblasentumor ist die Blasenspiegelung. In örtlicher Betäubung oder unter Narkose wird über die Harnröhre ein starres oder flexibles optisches Instrument in die Harnblase vorgeschoben. Der Urologe hat durch diese Technik die Möglichkeit, die Blaseninnenwand zu betrachten und eventuell vorliegende Blasentumoren aber auch entzündliche Veränderungen aufzuspüren, weiterhin ist eine Beurteilung der Harnleitermündungen möglich (Blutaustritt aus den Harnleitern). Da sich einige Blasentumoren dem menschlichen Auge entziehen, wird im Rahmen der Blasenspiegelung in unserer Klinik zusätzlich eine Blasenspülung vorgenommen, d. h. dass die Blase mit Kochsalzlösung durchgespült wird. In der Spülflüssigkeit befinden sich anschließend Zellen aus der obersten Schicht der Blasenwand, die mikroskopisch untersucht werden (Zytologie).
Bei Verdacht auf einen Harnblasentumor sollten neben der körperlichen Untersuchung und der Blasenspiegelung grundsätzlich eine Ultraschalluntersuchung der Nieren sowie bei Nachweis eines Blasentumors, je nach Lokalisation, auch eine Röntgenuntersuchung der Harnwege mit Kontrastmittel (Ausscheidungsurogramm bzw. CT) durchgeführt werden. Diese Untersuchungen dienen dem Ausschluss eines Tumors im Bereich des Nierenbeckens und der Harnleiter.
Therapie
Zur Diagnosesicherung eines bösartigen Tumors der Harnblase erfolgt eine Blasenspiegelung in Narkose (Vollnarkose bzw. Rückenmarksanästhesie), wobei der Blasentumor mit einer elektrischen Schlinge (transurethrale Blasentumorresektion - TUR-Blase) abgetragen wird. Neben dem sichtbaren Tumor werden meist zusätzlich Proben aus dem Tumorgrund und den Tumorrändern entnommen, um nach feingeweblicher Begutachtung des Gewebes eine Aussage über die Art und das Ausmaß des Tumors zu erhalten.
Die meisten Harnblasenkarzinome – etwa 70 bis 80 Prozent – werden in einem sehr frühen Stadium entdeckt, d. h., dass sich der Krebs auf die innerste Schicht der Blasenwand beschränkt und die Muskulatur nicht betroffen ist. In der Regel haben diese Patienten eine sehr günstige Prognose, allerdings ist in einigen Fällen zur Sicherheit eine erneute Resektion nach Ablauf von 2-6 Wochen empfehlenswert.
Um zu vermeiden, dass erneut ein Blasentumor entsteht, wird bei den meisten Patienten am Tag nach der TUR-Blase über einen Katheter ein Medikament (lokale Chemotherapie) in die Blase gegeben. Je nach Tumorart und -stadium kann diese medikamentöse Therapie ggf. über einen längeren Zeitraum in regelmäßigen Abständen wiederholt werden.
Bei sehr aggressiven oberflächlichen Tumoren der Harnblase wird diese Instillationstherapie mit einem Immuntherapeutikum (BCG) durchgeführt.
Entfernung der Harnblase (Zystektomie)
Wenn durch den feingeweblichen Befund ein Befall der Muskulatur der Harnblase bewiesen wird oder trotz der medikamentösen Therapie erneut ein oberflächlicher aggressiver Tumor entstanden ist, ist eine Heilung durch die transurethrale Resektion nicht mehr sicher möglich.
In diesen Fällen bietet die vollständige Entfernung der Harnblase (Zystektomie) die besten Heilungsaussichten. Bei Männern werden bei diesem Eingriff neben der Blase auch die Prostata sowie die Samenblasen und bei Tumorbefall auch die Harnröhre, bei Frauen die Gebärmutter und in der Regel die Eierstöcke sowie bei Tumorbefall die Harnröhre und Teile der Vagina entnommen. Eine Teilentfernung der Harnblase hat sich nicht bewährt und wird nur in besonderen Fällen z.B. bei Tumoren in Blasendivertikeln oder beim Tumor am Blasendach (Urachuskarzinom) durchgeführt.
Nach Entfernung der Harnblase ist es notwendig, den Urin anderweitig abzuleiten. Hierfür stehen in Abhängigkeit vom Tumorstadium, dem Alter und dem Allgemeinzustand des Patienten unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Sofern es möglich ist, bieten wir allen Patienten, die an einem fortgeschritten Harnblasentumor leiden, die Bildung einer Ersatzblase aus Dünndarm (Neoblase) an. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass die Blasenentleerung weiterhin auf natürlichem Weg erfolgen kann. Sollte die Bildung einer Neoblase nicht möglich sein, besteht die Möglichkeit der Bildung einer Ersatzblase als Urinreservoir, die mittels eines Katheters über einen kleinen Ausgang im Nabelbereich oder im Unterbauch regelmässig entleert werden kann (kontinentes Stoma). Somit besteht auch bei diesen Patienten kein unwillkürlicher Urinverlust.
Eine weitere Möglichkeit der Harnableitung bietet das so genannte Ileum-Conduit. Hierbei werden die beiden Harnleiter in einen kurzen Darmabschnitt eingepflanzt, dessen offenes Ende in die Bauchhaut eingenäht und mit einem Beutel versorgt wird (feuchtes Stoma). Bei bestimmten Voraussetzungen wird auf die Ausschaltung eines Darmstücks verzichtet und die Harnleiter direkt in die Haut eingepflanzt und mit Beuteln versorgt (Ureter-Hautfistel).
Metastasiertes Harnblasenkarzinom
Werden durch die Operation oder die bildgebende Diagnostik Metastasen (Tochtergeschwülste) des Harnblasenkarzinoms entdeckt, sollte eine weitere individuell angepasste Therapie erfolgen. Neben den bereits aufgeführten operativen Eingriffen kommen hierfür unterschiedliche Medikamente im Rahmen einer Chemotherapie oder auch eine Strahlentherapie in Betracht.
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