Harnröhrenenge (Harnröhrenstriktur)

Über die Harnröhre (Urethra) wird der Urin aus der Harnblase nach außen entleert. Beim Mann ist die Harnröhre insgesamt etwa 20 cm lang, bei Frauen hat die Urethra eine Länge von 2,5 bis 4 cm.

Eine Engstelle in der Harnröhre kann die Blasenentleerung behindern. Von einer Harnröhrenenge sind in der Mehrzahl Männer betroffen, wobei die Enge in allen Bereichen der Harnröhre auftreten kann und meistens durch eine Narbenbildung verursacht wird.

Folgen: Unbehandelt kann eine Harnröhrenenge zu einer Restharnbildung, d. h. einer unvollständigen Blasenentleerung führen. Als Folge treten wiederkehrende Blasenentzündungen sowie Gewebsveränderungen an der Harnblase auf. Langfristig kann auch eine Schädigung der Nieren eintreten.

Ursachen

Die Ursache von narbigen Verengungen der Harnröhre sind – abgesehen von angeborenen Fehlbildungen – Verletzungen oder eine Schädigung der Harnröhren-Schleimhaut.

  • Verletzungen der Harnröhre durch ein stumpfes Trauma am Damm oder direkt durch Beckenbrüche (z. B. bei Verkehrs oder Sportunfällen)
  • kleine Verletzungen an der Harnröhre durch diagnostische oder therapeutische Manipulationen (Blasenkatheter, Harnröhren/Blasenspiegelung, endoskopische Operationen wie Prostataresektion, Blasentumorresektion)
  • Infektionen der Harnröhre (Urethritis), früher typischerweise durch eine Gonorrhöe (Tripper)
  • Veränderungen des Bindegewebes (Lichen sclerosus, Balanitis xerotica obliterans)

Symptome

Das Hauptsymptom einer Harnröhrenenge ist der abgeschwächte Harnstrahl. Da es sich bei der Narbenbildung um einen langsamen Prozess handelt, kommt es im Verlauf zu einer zunehmenden Abschwächung des Harnstrahls und einer Verlängerung der Blasenentleerungszeit. Letztendlich kann ein vollständiger Harnverhalt eintreten, das heißt: das Wasserlassen ist nicht mehr möglich.

Weitere Zeichen einer Harnröhrenenge können ein gespaltener oder gedrehter Harnstrahl, Schmerzen beim Wasserlassen, Nachtröpfeln von Harn nach dem Wasserlassen, und Beschwerden durch die Folgeerscheinungen der unvollständigen Blasenentleerung (Blasenentzündung, Blasensteinbildung, Nierenfunktionsstörungen) sein.

Diagnostik

Es gibt verschiedene Diagnosemethoden, um eine Harnröhrenstriktur festzustellen. Zuerst wird die Krankengeschichte des Patienten erhoben. Hierbei wird insbesondere die Art, die Dauer und die Intensität der Beschwerden erfragt werden. Weiterhin ist es wichtig, eine Aussage über eventuelle Entzündungen der Harnröhre und Blase in der Vorgeschichte sowie über Voroperationen oder durchgeführte Manipulationen (z.B. Blasenkatheter) oder Verletzungen (Verkehrsunfall) an der Harnröhre zu erhalten.
Durch die körperliche Untersuchung besteht die Möglichkeit, narbige Veränderungen im Dammbereich, am Unterbauch oder am Penis zu erkennen, die einen Hinweis auf eine Operation, eine Verletzung oder eine Entzündung darstellen.

Uroflowmetrie (Druck.Fluss-Messung)

Die Uroflowmetrie ist eine Harnstrahlmessung, bei der der Patient seinen Urin in einen Messtrichter entleert. Hierbei erfolgt eine Messung der Harnflussrate, d. h. eine Bestimmung der geförderten Urinmenge pro Zeiteinheit. Durch die gewonnenen Daten kann man eine Bewertung hinsichtlich des Ausmaßes einer Harnabflussbehinderung aber auch über die Ursache der möglichen Beschwerden erzielen.

Ultraschall

Durch die Ultraschalluntersuchung der Blase und Nieren ist es möglich, ob nach dem Wasserlassen Urin in der Blase zurückbleibt, und ob eine Strukturveränderungen der Blase und Nieren aufgrund der Restharnbildung bzw. des erhöhten Widerstandes beim Wasserlassen zu erkennen ist. Weiterhin kann manchmal eine Harnröhrenenge mit einem Spezialultraschallkopf direkt nachgewiesen werden.

Röntgen

Die beste Methode zur Darstellung einer Harnröhrenenge stellt die Röntgendarstellung der Harnröhre mit Kontrastmittel von außen dar (retrogrades Urethrogramm). Diese Untersuchung kann kombiniert werden mit einer Darstellung der Blase (Zystogramm bzw. Miktionszysturethrogamm). Über dieses Verfahren ist es möglich, die Lage und Länge der Enge sowie mögliche Folgeveränderungen der Harnblase darzustellen.

In besonderen Fällen sollte als ergänzende Maßnahme eine Spiegelung der Harnröhre und Blase durchgeführt werden (z.B. zur Beurteilung der Nähe des Schließmuskels an der Enge). Hier wird unter örtlicher Betäubung ein dünnes Endoskop in die Harnröhre eingeführt (flexible Urethroskopie).

Therapie

Es gibt ein breites Spektrum an Möglichkeiten, wie man eine Harnröhrenenge behandeln kann. Die Auswahl des Verfahrens hängt im Wesentlichen von der Lage und Länge ab und ob und wie sie bereits vorbehandelt wurde. Weitere wichtige Aspekte sind das Alter und der Gesundheitszustand des Patienten. Bei der Therapie der Harnröhrenenge besteht das hohe Risiko einer erneuten Narbenbildung (Harnröhrenengenrezidiv).

Harnröhrenbougierung

Der Vorteil der Harnröhrenbougierung (Harnröhrendehnung) ist, dass diese Maßnahme ambulant durchgeführt werden kann und in der Regel ohne Narkose möglich ist. Allerdings beinhaltet dieses Vorgehen eine sehr hohe Rezidivwahrscheinlichkeit, so dass der Eingriff regelmäßig wiederholt werden muss. Diese Verfahren ist vor allem eine Möglichkeit für alte und kranke Patienten, die sich keiner Operation mehr unterziehen möchten oder im Falle eines hohen Inkontinenzrisikos im Rahmen einer Operation aufgrund der Nähe des Schließmuskels.

Harnröhrenschlitzung

Bei der Harnröhrenschlitzung wird in Narkose ein Instrument (Endsokop) in die Harnröhre eingeführt, über das ein Einschneiden der Enge mit einem kleinen Messer möglich ist. Anschließend wird die Harnröhre für etwa einen Tag mit einem Blasenkatheter geschient. Die Operationsdauer und auch die Dauer der Nachbehandlung sind kurz. Diese Operation sollten nur bei kurzen Harnröhrenengen erfolgen und die Bindegewebsbildung im Bereich der Enge sollte nicht sehr ausgeprägt sein. Insgesamt ist die Rezidivwahrscheinlichkeit als hoch anzusehen (> 50%). Die Behandlung von Rückfällen mit einer erneuten Schlitzung ist wenig erfolgreich.

Offene Harnröhrenoperation (-rekonstruktion)

Die offenen Harnröhrenoperationen beinhalten die höchste Wahrscheinlichkeit dafür, dass keine erneute Harnröhrenenge auftritt. Bei Harnröhrenengen ≤ 2 cm kann eine Entfernung des betroffenen Harnröhrenabschnitts mit anschließender Naht der Harnröhrenenden (End-zu-End- Anastomose) durchgeführt werden. Liegt eine längerstreckige Enge vor, besteht die Möglichkeit einer Harnröhrenplastik, wobei die Harnröhre durch ein Hauttransplantat (meistens Mundschleimhaut) erweitert wird. Bei sehr ausgeprägten und langstreckigen Engen kann auch eine Operation in zwei Schritten notwendig werden, wobei im ersten Schritt die Harnröhre eröffnet und  ersetzt wird (z.B. mittels eines Spalthauttransplantates). Im zweiten Schritt erfolgt nach Einheilung des Transplantates die eigentliche Rekonstruktion der Harnröhre. Nach der Operation ist in der Regel für etwa drei Wochen ein Blasenkatheter nötig. Meistens können die Patienten nach fünf Tagen Klinikaufenthalt mit Blasendauerkatheter nach Hause gehen.

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